Die Graduierungen im BUJINKAN


Die Graduierungen im BUJINKAN BUDO TAIJUTSU unterscheiden sich doch recht stark von anderen typischen japanischen Kampfkünsten und Kampfsportarten, weswegen ich das Graduierungssystem hier einmal vorstellen möchte. Im Anschluß gehe ich dann noch auf einige Details etwas näher ein, welche das Verständnis zu diesem Graduierungssystem vertiefen sollen, durch unterschiedliche Standpunkte aber auch vorhandene Kontroversen aufzeigt.

 

Die Graduierungen sind gekennzeichnet durch ein Patch, welches auf der linken Brust getragen wird. Innerhalb der Graduierungsstufen werden die einzelnen Stufen darüber hinaus mit Sternen angezeigt, welche über dem Patch angebracht sind.

Während die KYU-Graduierungen rückwärts gezählt werden, gilt bei den Meistergraden, je höher die Zahl, desto höher die erreichte Stufe! Die Bedingungen zum Erreichen der nächsthöheren Graduierung unterscheiden sich vorallem in den unteren Stufen von DOJO zu DOJO und von Lehrer zu Lehrer, weswegen meine Angaben nur grobe Durchschnittswerte sind. Es existiert ferner kein einheitliches Curriculum, welches die Prüfungsinhalte der einzelnen Graduierungen regelt.

 

 

MUDANSHA

GRADUIERUNGEN OHNE DAN

Die Stufen der Schüler-Graduierungen unterscheiden sich durch Sterne über dem Patch. Darüber hinaus tragen Schüler unterschiedliche Gürtelfarben.

 
Graduierungen:

MUKYU - ohne Sterne
9. KYU - ohne Sterne
8. KYU - 1 Silberstern
7. KYU - 2 Silbersterne
6. KYU - 3 Silbersterne
5. KYU - 4 Silbersterne
4. KYU - 1 Goldstern
3. KYU - 2 Goldsterne
2. KYU - 3 Goldsterne
1. KYU - 4 Goldsterne

Bedingungen / Besonderheiten

Mindestwartezeiten, bevor die nächste Prüfung absolviert werden kann, regelmäßiges Training vorausgesetzt:
9. KYU = 3-4 Monate
8. KYU = 3-4 Monate
7. KYU = 3-4 Monate
6. KYU = 4 Monate
5. KYU = 4-5 Monate
4. KYU = 4-6 Monate
3. KYU = 4-7 Monate
2. KYU = 4-8 Monate
1. KYU = 6-9 Monate

 

Die meisten DOJO setzen ein Mindestalter von 14 Jahren voraus. Es gibt aber auch viele DOJO mit Kindergruppen zum vorbereitenden Training der Stufe MUKYU.

MUKYU wird teils auch als 10. KYU angesehen und beinhaltete in einigen DOJO die sogenannten Höflichkeitsformen, welche nicht eigenständig, sondern im Zusammenhang mit dem 9. KYU abgefragt wurden.

 


YUDANSHA

GRADUIERUNGEN MIT DAN

Die Stufen vom 1. bis 4. DAN unterscheiden sich durch Sterne über dem Patch. Getragen wird ein schwarzer OBI.

 
Graduierungen:

1. DAN - SHODAN - ohne Sterne
2. DAN - NIDAN - 1 Silberstern
3. DAN - SANDAN - 2 Silbersterne
4. DAN - YONDAN - 3 Silbersterne

Bedingungen / Besonderheiten

Mindestwartezeiten, bevor die nächste Prüfung absolviert werden kann, regelmäßiges Training vorausgesetzt:
1. DAN = 12 Monate
2. DAN = 12 Monate
3. DAN = 12 Monate
4. DAN = 12 Monate


Mindestalter für die Prüfung zum SHODAN beträgt 18 Jahre. Im Vorfeld zur Prüfung des SHODAN wird oft die Vorlage eines Führungszeugnisses und der Nachweis vom Besuch eines Erste-Hilfe-Lehrgangs verlangt. In einigen DOJO muss der Prüfling ferner eine textliche Ausarbeitung zu einem kampfkunsttypischen Thema einreichen.

Als SHIDOSHI-HO wird die Lehrbefugnis bezeichnet, welche beantragt und jährlich erneuert werden muss. Dies war meines Wissens erst ab 2. DAN möglich. In den Stufen vom 1. bis 4. DAN war man also nicht automatisch SHIDOSHI-HO.

 



Die Stufen der SHIDOSHI-Graduierungen unterscheiden sich durch Sterne über dem Patch. Getragen wird ein schwarzer OBI.

 
Graduierungen:

5. DAN - GODAN - ohne Sterne
6. DAN - ROKKUDAN - 1 Goldstern
7. DAN - NANADAN - 2 Goldsterne
8. DAN - HACHIDAN - 3 Goldsterne
9. DAN - KYUDAN - 4 Goldsterne

 

Bedingungen / Besonderheiten

Die Prüfung zum GODAN erfolgt mittels SAKKI-Test. Während dieser Test früher ausschließlich von SOKE selbst entweder in Japan oder auf einem TAIKAI vorgenommen wurde, darf dieser Test derzeit von jedem DAISHIHAN vorgenommen werden.

 
Mit bestandenem GODAN kann eine SHIDOSHIKAI-Lizenz beantragt werden, welche den Inhaber befugt, ein eigenes DOJO zu eröffnen und Graduierungen bis zum 4. DAN abzunehmen. Diese Befugnis muss jedes Jahr erneuert werden.

 

Graduierungen ab 6. DAN werden verliehen.



Die Stufen der SHIHAN-Graduierungen unterscheiden sich durch Sterne über dem Patch. Getragen wird ein schwarzer OBI.

 
Graduierungen:

10. DAN - JUDAN - ohne Sterne

Elemente-Stufen
11. DAN - JUDAN CHIGYO - 1 Goldstern
12. DAN - JUDAN SUIGYO - 2 Goldsterne
13. DAN - JUDAN KAGYO - 3 Goldsterne
14. DAN - JUDAN FUGYO - 4 Goldsterne
15. DAN - JUDAN KUGYO - 5 Goldsterne

 

Bedingungen

Für die Ernennung zum JUDAN müssen 3 Empfehlungsschreiben von 3 JUDAN-Graduierten vorgewiesen werden können.

 


DAISHIHAN

Ein DAISHIHAN steht über dem JUDAN KUGYO.

Diese Graduierung folgt nicht automatisch auf den 15. DAN in Reihe, sondern wurde von HATSUMI MASAAKI an langjährige Schüler verliehen.

 

 


SOKE

SOKE bedeutet soviel wie Oberhaupt und stellt die höchste Stufe dar. Diese Stufe hat in der Tradition immer nur eine Person inne und wird vom amtierenden SOKE an den darauffolgenden weitergegeben.

Soke trägt einen schwarzen oder roten OBI.

 


Gibt es Vorgaben zu den Prüfungsinhalten?

Wie eingangs erwähnt, gibt es für die einzelnen Graduierungsstufen kein einheitliches Curriculum. Jedes DOJO und jeder Lehrer kann hier nach ermessen eine eigene Struktur festlegen. Als Inspiration dient lediglich das TEN CHI JIN RYAKU NO MAKI, dessen Prinzipien den Trainingsschwerpunkt bis zum 4. DAN abbilden.

Es handelt sich beim TEN CHI JIN RYAKU NO MAKI um eine Auflistung der wichtigsten Prinzipien, welche als Grundlage oder Basis des BUJINKAN betrachtet werden können. Der Weg führt aber weit darüber hinaus...

Woran orientiert sich das Prüfungssystem?

In alten Tagen wurde die Meisterung einer Kunst mittels MENKYO-KAIDEN bestätigt. Es gab kein technisches Prüfungssystem, wie wir es heute kennen. In den Schriftrollen der einzelnen RYUHA finden sich noch die Gliederungen der einzelnen Kenntnisstufen, die vermittelt wurden - SHODEN, CHUDEN, OKUDEN und KAIDEN.
Wurde das MENKYO KAIDEN verliehen, hat man alles Wesentliche dieser RYU erlernt. Ob und wie, darüber hat einzig und allein das Oberhaupt entschieden.

 

Das technisch orientierte Prüfungssystem inklusive Gürtelfarben wurde meines Wissens nach von JIGORO KANO, dem Begründer des JUDO, etabliert und setzte sich in der Moderne nach und nach durch.

 

Das BUJINKAN geht hier einen eigenen Weg und ist sowohl mit den Gürtelfarben, als auch den Standards, was die Graduierungsstufen betrifft, nicht vergleichbar mit anderen typisch japanischen Kampfkunst- und Kampfsportdisziplinen. Was in der Kampfsport- und Kampfkunstszene natürlich zu Verwirrungen führt, wenn sich zum Beispiel ein JUDOKA mit jemandem aus dem BUJINKAN-System vergleicht.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, und das ist meiner Meinung nach ein typisches Problem zwischen östlicher und westlicher Denkweise, die Art der Verleihung der Graduierung.

Die westliche Mentalität baut auf eine Art "Belohnungs"-System, soll heißen, die Graduierung wird auf Basis einer erbrachten Leistung vergeben. Man hat die entsprechende Stufe also gemeistert und musste diesen Kenntnisstand mittels Prüfung unter Beweis stellen.

Die östliche Mentalität kennt hier aber noch einen anderen Weg, welcher als SAKIZUKE bezeichnet wird und  gern von HATSUMI MASAAKI genutzt wurde. Dieses Konzept versteht die verliehene Graduierung als Anreiz zum Weiterlernen und Fortschreiten auf dem Weg. Es handelt sich also um eine Art Belohnung, der man nun aus eigener Verantwortung heraus auf dem weiteren Weg gerecht werden muss. Westlich ausgedrückt, kann es also mit "Vorschuß-Lorbeeren" ausgedrückt werden.
HATSUMI MASAAKI versteht nach Aussage von Michael Wedekind eine Graduierung nicht als Auszeichnung, sondern sieht es als Bürde und Verantwortung, der entsprechenden Graduierung gerecht zu werden.

Werden beide Konzepte vermischt, kann dies zu starken Verwerfungen führen. Es bedarf eines gefestigten Charakters und Selbstreflektion, mit den Graduierungen verantwortungsbewusst umzugehen.